“Oh, ist schon wieder einer entkommen?”
8. August 2008 von -buck
Eines der letzten Geheimnisse der Menschheit betrifft das Verschwinden von Socken. Jeder hat das bereits erlebt – nicht immer, zugegeben, aber doch mit bedenklicher Regelmäßigkeit verschwinden Socken in der Waschmaschine. Man gibt drei Paar, also sechs einzelne Socken, in die Wäsche, nach Abschluß dieser Prozedur ist eine von diesen sechs Socken verschwunden. Auf welcher Station des Weges vom Schmutzwäsche-Korb bis zur Rückkehr in die designierte Sockenschublade die Socke abhanden kommt, läßt sich nie feststellen; Tatsache bleibt, dass einzelne Exemplare dieser Gattung immer wieder verschwinden.
Der gemeine Sparschäler, auch ‘Gemüseschäler’, ‘Handschäler’ oder schlicht ‘Abschäl-Dingens’ genannt, ist sozusagen die Socke unter den Besteckteilen. Immer wieder passiert es, dass einzelne Sparschäler auf dem Weg aus der Besteckschublade über die Arbeitsplatte und den Geschirrspüler und zurück verschwinden. Dort, wo er gestern noch war, ist er heute nicht mehr; Reste irgendwo in der Küche klebender hauchdünner Streifen von Möhren- oder Gurkenschale beweisen, dass es ihn gegeben haben muss, aber das macht das Verschwinden nur schmerzlicher, weil offenkundiger.
Der Sparschäler ist weg, endgültig. Ein neuer muss her, aber das ist nicht so einfach. Niemand denkt beim Einkaufen daran, einen Sparschäler mitzunehmen. Man geht nicht gezielt in ein Geschäft, um einen Sparschäler zu kaufen. Ich glaube, man könnte bei W. M. F. einen Sparschäler kaufen, aber das machen nur Snobs. Normale Menschen kaufen ihren Sparschäler von diesem großen Bord am Kopf des Regales, an dem all die Fackelmann-Sachen hängen. Das Problem dabei ist natürlich, das man dieses Regal normalerweise beim einkaufen immer ignoriert. Fazit ist also meist, dass man vom einkaufen nach Hause kommt, einen vertrockneten dünnen Streifen Gurkenschale findet und sich daran erinnert, dass man den Sparschäler vergessen hat.
Eines Tages dann braucht man unbedingt diese bunten Piekser aus Plastik, mit denen Mutti damals auf Partys immer diese Käsehäppchen mit Weintrauben zauberte, oder man benötigt dringend ein Einzieh-Gummiband für die Feinripp-Unterhose, man braucht dringend Zahnstocher, ein Teeei oder so einen Anstichapparat für Frühstückseier. Diese Dinge – und natürlich Sparschäler – findet man an der Fackelmann-Wand. Und so kommt man glücklich mit Feinrippunterhosengummiband und einem neuen Sparschäler nach Hause. Tage-, ja manchmal sogar wochenlang liegt der Sparschäler dann auf der Arbeitsplatte, stets in der Nähe des Biomüll-Eimers und schält Kartoffeln, Gurken, Karotten, Zucchini oder Spargel (und gelegentlich vielleicht auch mal eine Fingerkuppe).
Das ist übrigens auch so ein Phänomen im Zusammenhang mit Sparschälern: Sie scheinen sich nicht mit anderen Besteckteilen zu vertragen. Sparschäler scheinen einen geradezu unzähmbaren Drang zu haben, aus der Besteckschublade zu entkommen. Immer wenn man meint, man hätte den Sparschäler an seinen Platz in sein Fach gelegt, stellt man nur wenig später fest, dass er sich von dort davongemacht und zurück auf die Arbeitsplatte geklettert ist. Das ist wahrscheinlich auch die Begründung für ihr letztendliches Verschwinden: die Freiheitsliebe von Sparschälern ist derart groß, dass sie zuerst aus der Besteckschublade, dann von der Arbeitsplatte, aus der Küche und aus dem Haus entkommen.
Und so passiert es dann, dass die Tollste Freundin der Welt© in die Küche kommt, den frisch geleerten Biomülleimer in der Hand, und sie auf die Frage “Du sag mal, wo ist eigentlich der Sparschäler?” auch nur antworten kann “Oh, ist schon wieder einer entkommen?”
1 Kommentar zu ““Oh, ist schon wieder einer entkommen?””
Sehr schön, ich vermute das ‘Schäl-Dingens’ ist dabei ersatzbar..durch Schlüssel, Brillen, Brieftaschen…
;-)